Nov 272015
 

von Birgit Kimmel,
päd. Leitung EU-Initiative klicksafe, Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) 

Grundlegende ethische Fragen, die mit dem Digitalisierungsprozess verbunden sind, sind Folgende: Warum sollen wir Privatsphäre weiterhin wertschätzen und schützen? Was hat Privatsphäre mit Autonomie und Freiheit zu tun? Welche Folgen hat die Datafizierung der Privatsphäre für den Einzelnen und unsere demokratisch verfasste Gesellschaft? Welche Handlungsoptionen gibt es?

Grundlage für einen Reflexionsprozess zu Privatsphäre und Big Data ist die folgende „medienethische Roadmap“, die für eine Umsetzung in der medienpädagogischen Projektarbeit als Navigationsinstrument dient und folgende Stufen umfasst:

  • Verständnis für die Bedeutung von Privatheit schaffen: Was ist für mich „privat“ und was ist „öffentlich“? Welche Funktionen hat die Privatsphäre? Warum brauchen wir ein Recht auf Anonymität?
  • Sensibilisierung für die Datenpreisgabe und die Datensammlung: Wer erhebt und verarbeitet private Daten und gibt sie ggf. weiter?
  • Auseinandersetzung mit den Risiken von Big Data: Was kann mit freiwillig oder unfreiwillig preisgegebenen privaten Informationen geschehen? Was bedeutet es, wenn ich jederzeit und überall identifizierbar bin?
  • Reflexion über die Folgen der Verletzung der Privatsphäre: Welche Folgen können sich aus der gewollten oder ungewollten Preisgabe persönlicher Informationen bzw. personenbezogener Daten ergeben? Welche Folgen hat es, wenn Anonymität nicht mehr gewährleistet ist?
  • Wertekonflikte thematisieren: Wie verhalte ich mich, wenn der Wunsch nach Selbstschutz des Privaten konfligiert mit dem Bedürfnis a) sich selbst zu entfalten und darzustellen, b) soziale Anerkennung zu erhalten, c) es sich einfach und bequem zu machen, d) Incentives zu bekommen, e) Unterhaltungsangebote zu nutzen und/oder f) Dinge mit anderen zu teilen (Sharing)?
  • Ethos der Privatheit entwickeln: Warum ist Privatsphäre wünschens- oder schützenswert? Was hat das mit der Entwicklung eines autonomen und (handlungs-)freien Subjekts zu tun?
  • Reflexion von Handlungsmöglichkeiten: Wie könnte eine digitale Selbstverteidigung aussehen? Welche strukturellen Handlungsoptionen gibt es?

Konkrete methodische Umsetzungsmöglichkeiten finden sich unter www.klicksafe.de/themen/medienethik im Arbeitsmaterial „Ethik macht klick. Werte-Navi für das digitale Leben“, welches von der EU-Initiative klicksafe und dem Team des Instituts für Digitale Ethik entwickelt wurde. Das Arbeitsmaterial bietet Lehrkräften und Pädagogen eine Fülle von Praxisprojekten für ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und möchte darüber hinaus Impulse geben, diese Prozesse selbst weiter auszubauen. Es werden Möglichkeiten aufzeigt, wie in der (medien-) pädagogischen Praxis durch konkrete methodische Vorgehensweisen die Reflexion und die Entwicklung eines Wertegerüsts gefördert werden kann. Die Arbeitsmaterialien im Handbuch konzentrieren sich auf drei Themenfelder, bei denen ein Orientierungsbedarf, die Stärkung der eigenen Persönlichkeit und die Entwicklung einer wertebezogenen Haltung im Vordergrund stehen: der Schutz der Privatsphäre, Cybermobbing bzw. Online-Gewalt und Gender-Sensitivität. Ziel ist es, mit Hilfe der „medienethischen Roadmap“ Wege zu einem gelingenden Leben in der digitalen Gesellschaft aufzuzeigen.

(Auszug aus: Grimm, Petra / Kimmel, Birgit: Big Data und der Schutz der Privatsphäre – Medienethik in der medienpädagogischen Praxis. In: Big Data und Medienbildung. Zwischen Kontrollverlust, Selbstverteidigung und Souveränität in der digitalen Welt. Hrsg. v. Harald Gapski. Schriftenreihe zur digitalen Gesellschaft NRW. München. S. 111-130.)

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